Nachdem in einem der letzten Beiträge bereits auf die modellgestützte Finanzplanung im Rahmen internationaler Projektfinanzierungen eingegangen wurde, geht es in diesem Beitrag um die zentralen, charakteristischen Eigenschaften, die internationale Projektfinanzierungen kennzeichnen. Kurz sind dies „Cashflow Related Lending“, „Off Balance Sheet Financing“ sowie „Risk Sharing“.
Cashflow Related Lending
Wie bereits im Beitrag über internationale Projektfinanzierungen erwähnt, ist aus dem Blickwinkel der Fremdkapitalgeber die Fähigkeit des Projektes, einen für die Bedienung des Schuldendienstes ausreichenden Cashflow zu generieren, das ausschlaggebende Kriterium für die Kreditvergabeentscheidung. Dieses Vorgehen bezeichnet man mit dem Begriff Cashflow Related Lending oder auch als Cashflow-Finanzierung. Damit eine am Cashflow orientierte Beurteilung überhaupt möglich ist, sollte das Projekt eine in sich geschlossene wirtschaftliche Einheit sein, die eigenständig analysiert werden kann.
Der Cashflow als Grundlage für die Kreditentscheidung entspricht dabei der Differenz aus den Einzahlungen der Projektgesellschaft und den zur Erzielung der Einzahlungen notwendigen Auszahlungen. Die Auszahlungen schließen dabei Steuerzahlungen mit ein, nicht aber den Schuldendienst für die Bedienung der Projektkredite oder etwaige Ausschüttungen an die Anteilseigner. Zentrale Bezugsgröße ist demnach der so genannte
Cash Flow available for Debt Service (= CFADS).
Off Balance Sheet Financing
Während die Aufnahme von Finanzierungsmitteln im Rahmen der klassischen Kreditformen des Firmenkundengeschäftes ihren Niederschlag auf der Passiv-Seite der Bilanz des Kreditnehmers findet, besteht bei internationalen Projektfinanzierungen i.d.R. der Wunsch nach Bilanzunwirksamkeit. Damit die Sponsoren eines Projektes die Projektkredite nicht in ihren Bilanzen ausweisen müssen, wird regelmäßig eine eigenständige Projektgesellschaft gegründet, welche dann die zur Finanzierung des Projektes notwendigen Kredite aufnimmt. Letztlich hängt es allerdings von der individuellen Ausgestaltung des Projekt- und Finanzierungskonzeptes sowie von den anzuwendenden Rechnungslegungsvorschriften ab, ob der angestrebte Off Balance Sheet-Effekt auch realisiert werden kann.
Risk Sharing
Fremdkapital stellt mit einem Anteil von 60 bis 80% am gesamten Finanzierungsvolumen i.d.R. den größten Beitrag bei klassischen Projektfinanzierungen dar. Müssten sich die Kreditgeber ausschließlich auf den Cashflow eines Projektes für die Rückzahlung des Fremdkapitals verlassen, so würde dies einer Bereitstellung von Risikokapital gleichkommen. Die Rückzahlung wäre von allen Risiken bedroht, die den Cashflow des Projektes beeinflussen. Angesichts der z.T. erheblichen Risiken, die mit dem Bau und Betrieb industrieller Großprojekte verbunden sein können, sind Projektkreditgeber dazu jedoch in der Regel nicht bereit.
Diese mangelnde Bereitschaft zur Risikoübernahme wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass Kreditgeber üblicherweise mit der Bereitstellung von Fremdkapital nur einen Anspruch auf Zinsen und Tilgung haben. Im Gegensatz zu den Anteilseignern einer Projektgesellschaft partizipieren Kreditgeber nicht an einer über die Erwartungen hinaus positiven Entwicklung des Projektes. Der damit verbundenen geringen Bereitschaft zur Risikoübernahme bei Kreditgebern steht auf Seiten der Sponsoren die Zielsetzung gegenüber, ein Projekt mit möglichst geringer Gefahr eines finanziellen Verlustes zu realisieren. Obwohl die Sponsoren an positiven Entwicklungen eines Projektes als Anteilseigner i.d.R. durchaus teilhaben können, versuchen sie mittels einer Projektfinanzierung, die Risiken aus ihrem Bereich auszulagern.
Um dem Sicherheitsbedürfnis der Kreditgeber einerseits und der Zielsetzung der Sponsoren andererseits gerecht zu werden, erfolgt bei Projektfinanzierungen eine Verteilung der projektinhärenten Risiken (= Risk Sharing). Projektfinanzierungen kommen nur dann zustande, wenn die projektinhärenten Risiken identifiziert, in ihren möglichen Auswirkungen analysiert und auf die Projektbeteiligten verteilt werden können. In der Regel unterstützen die Sponsoren die Kreditwürdigkeit der Projektgesellschaft u.a. durch Garantien, Bürgschaften und andere vertragliche Vereinbarungen. Teilweise wird dadurch den Kreditgebern die Möglichkeit gegeben, für die Rückzahlung der Projektkredite auf die Sponsoren oder eine anderweitige Absicherungsquelle zurückzugreifen.